„FÜHLEN SIE DIE ANGST UND TUN SIE ES DENNOCH!“

16.11.2016

Die Emotion Angst beeinflusst unser Verhalten stärker, als jedes andere Gefühl. Wie wir als Trader darauf reagieren, kann einen signifikanten Einfluss auf unsere Handelsergebnisse haben.

Spätestens seit dem Film „Wall Street“ (1987) [1] und der Aussage „Greed is good“ (Gier ist gut), ist selbst dem Börsen-Neuling bekannt, dass Angst und Gier eng mit dem Thema Trading verzahnt sind. 

Beide Emotionen führen zu mehr oder weniger bewussten und unterschiedlich starken Reaktionen, wobei sie die Extrempunkte einer Skala bilden. Wir nehmen an, dass die Angst einen stärkeren Einfluss auf unser Handeln haben kann, wobei unterschiedliche Menschen völlig individuelle Auslöser für die Emotion Angst haben können. Ein Händler fürchtet zum Beispiel einen finanziellen Verlust, während ein anderer Angst davor hat, einen Trade zu verpassen. Das respektive Handeln der jeweiligen Trader fällt somit völlig unterschiedlich aus. Unsere Aktionen im Markt sind somit abhängig davon, was wir am meisten fürchten.

Under-Trading

Ein Händler, der Angst vor Verlusten hat, wird wesentlich weniger Trades nehmen, als jener, der Angst hat, etwas zu verpassen. Dieses Problem nennen wir „Under-Trading“. Hat ein Händler einen kleinen mathematischen Vorteil im Trading, so gilt es für ihn, diesen auch (wann immer angebracht) so oft wie möglich auszuspielen. Under-Trading bedingt aber, dass seine Performance am Ende eines Jahres geringer ausfällt, als sein Trading-Prozess mathematisch erwarten ließe. Der Trader „drückt nicht ab“, obwohl ein Trade all seine Einstiegskriterien erfüllt. Im letzten Moment zögert er und drückt nicht auf die Maus, weil er fürchtet, dass dieser einzelne Trade ein Verlierer sein könnte.

Over-Trading

Ein Händler, der jedoch Angst hat, etwas zu verpassen, wird höchstwahrscheinlich in das andere Extrem verfallen und das sog. „Over-Trading“ betreiben. Hier kann der Trader es einfach nicht ertragen, wenn der Markt eine gute Bewegung hinlegt, bei welcher er nicht dabei ist. Der reale Schmerz, den er dabei verspürt, ist einfach so groß, dass er quasi jedes Signal nimmt, unabhängig vom jeweiligen Marktumfeld, nur, um auf jeden Fall dabei zu sein, falls dieser Trade ein großer Gewinner sein sollte.

Beide Verhaltensweisen führen dazu, dass ein Trader Schwierigkeiten haben wird, langfristig profitabel zu handeln. Während der eine Händler effektiv wichtige Gewinner verpassen wird, weil er zu wenig traded, wird der andere zu häufig traden und somit effektiv zu viele Verlierer einfahren.

Welche Form der Angst beeinflusst Sie?

Sich selber besser zu verstehen, ist der erste Schritt, die Fertigkeit des erfolgreichen Tradings zu meistern. Erst wenn wir durch Achtsamkeit darauf aufmerksam werden, welche Angst oder Emotionen unser Handeln beeinflussen, sind wir in der Lage diese Emotionen anzunehmen und mit ihnen für uns zu arbeiten. Die veralteten Lehren, dass Emotionen im Trading nichts zu suchen haben, werden heute als völlig unrealistisch angesehen. Moderne Studien haben uns erste Einblicke gegeben, wie unser Gehirn teilweise zu funktionieren scheint und wir wissen heute, dass wir unsere Emotionen nicht kontrollieren oder disziplinieren können. Vielmehr ist der achtsame Umgang mit uns selbst, das Erkennen unserer Glaubenssätze und das Miteinbeziehen unseres psychologischen Kapitals, neben unserem Trading Kapital, der heutige Ansatz, welcher uns erlaubt, langfristig erfolgreich im Trading zu sein. 

Anleitung zur Achtsamkeit

Somit gilt es, im ersten Schritt uns selber beim Trading zu beobachten und das, was wir tun, sowohl quantitativ, als auch qualitativ, schriftlich zu dokumentieren. Notieren Sie, was Sie vor, während und nach einem Trade gesehen, gefühlt, gedacht und getan haben. Nach einigen Wochen gibt Ihnen dieser Prozess Klarheit über Ihr Handeln und aus welchen Emotionen heraus dieses entsteht.

Wenn Sie Angst haben, etwas zu verpassen, dann beobachten Sie wahrscheinlich, dass schnelle Bewegungen im Markt Sie dazu animieren, kopflos in einen Trade einzusteigen. Unter Umständen erkennen Sie folgende Symptome: Ihr Herz schlägt schneller, Ihre Hände zittern, Sie schwitzen, Ihr Bauch rumort, und zwar nach Ihrem Einstieg, genau in dem Moment, wenn der Markt erstmal gegen Ihre Position läuft und Sie ein flaues Gefühl im Magen bekommen (oder Ihre Maus wütend auf den Schreibtisch schlagen)?
Sie hatten beim Einstieg das Gefühl, dass Sie Sie dabei sein „mussten“, bevor der Markt Ihnen „wegrennt“ und ohne Sie eine mega-profitable Bewegung macht. Wahrscheinlich schauen Sie am Ende eines Handelstages auf Ihren Trade-Plotter und sehen eine hohe Anzahl an Trades (ich weiß noch, wie ich vor über 20 Jahren anfing und weit über 100 Trades pro Tag hatte).
Wenn der Preis sich plötzlich stark bewegt, wenn ein Indikator ein weiteres Signal gibt, wenn eine Nachricht über den Ticker kommt, dann sind Sie schneller am Abzug als andere, ohne die Situation im Kontext analysiert zu haben, ohne einen vorher ausformulierten Trade-Plan und mit einem Gefühl der Hektik agierend.

Wenn Sie nun aber Angst haben zu verlieren, dann beobachten Sie wahrscheinlich, dass Sie bei vielen guten Signalen einen Grund finden, diesen Trade entgegen Ihrer Regeln nicht zu nehmen. Sie hören sich selbst dabei zu, wie Sie Argumente liefern, warum dieses Signal jetzt gerade doch nicht von guter Qualität ist. Vielleicht zeigt einer Ihrer Indikatoren ein gegensätzliches Signal? Oder Sie zögern und warten auf weitere Bestätigung, nur um dann zu sehen, dass der Markt ohne Sie gelaufen ist und nun halten Sie es für zu spät, um noch einzusteigen, da jeder Trend einmal endet. Ganz makaber wird es, wenn Ihre Angst etwas zu verlieren später umschlägt in die Angst etwas zu verpassen. Dann steigen Sie doch noch spät in den Trade ein, nur um zu erleben, wie der Trend nach Ihrem Einstieg endet und Ihre Position mit Verlust ausgestoppt wird. Nun haben Sie eine weitere negative Erfahrung in Ihrem Gehirn durch emotionales Lernen gefestigt, was es Ihnen in einer zukünftig ähnlichen Situation noch schwerer machen wird, Ihren Trading-Prozess sauber einzuhalten. Diese Tatsache erklärt sich daraus, dass auch Reize, die lange Zeit neutral oder positiv wahrgenommen wurden, durch negative Lernprozesse irgendwann mit Gefahr assoziiert werden und später selbst Angst auslösen können.

Ein kurzer Einblick in die Funktionsweise unseres Gehirns

Dies alles passiert, da in Ihrem Gehirn die Amygdala die Kontrolle übernommen hat und Ihr präfrontaler Cortex in dem Moment „verhindert“ ist.
Die Amygdala ist Teil des limbischen Systems, dem eine wichtige Funktion bei der sehr schnellen und reaktiven Emotionsverarbeitung sowie der Aggression zugesprochen wird [2].
Der präfrontale Cortex wiederum empfängt sensorische Signale, stellt diese in einen Zusammenhang mit Ihren Erinnerungen und sendet eine emotionale Bewertung, aufgrund derer Sie handeln [3]. (Dieser Weg ist minimal langsamer, weniger reaktiv, aber muss erst für das Trading antrainiert werden).
Innerhalb von wenigen Millisekunden bewertet die Amygdala Situationen und schätzt Gefahren ein. Einige Anblicke, Geräusche oder Gerüche lösen schon von Geburt an oder nach einmaliger Begegnung Angst aus. Was glauben Sie nun, ist in Ihrem Gehirn passiert, wenn Sie womöglich schon seit Jahren ohne Erfolg versucht haben, profitabel zu traden, dabei aber immer wieder Geld verloren haben?
Sie haben eine emotional erlernte und zutiefst gefestigte Angst vor dem Markt und dessen Verhalten.
Warum?
Die Erklärung ist, dass Geld in unserer westlichen Gesellschaft so eine zentrale Rolle einnimmt, dass wir unseren Selbstwert teilweise sogar über dieses definieren. Somit bedroht der Verlust von Geld im unbewussten Sinne unser Überleben. Wir machen „den Markt“ für unsere Verluste verantwortlich und fühlen uns im schlechtesten Falle sogar von diesem bedroht. Zumindest unser Gehirn sieht dies so, was erklärt, warum die meisten nicht ausgebildeten Amateur-Trader Geld verlieren und nicht gewinnen.

Erfolgreiches Trading kann erlernt werden

Es ist möglich, das erfolgreiche Trading über einen etwas längeren Zeitraum von 2 – 8 Monaten zu erlernen, wenn Sie dabei aufeinander aufbauenden Lernschritten folgen, um Ihr Gehirn „umzuprogrammieren“ [4].

Erfolgreiches Trading basiert auf drei Säulen:

1. 10% eine Methode, die einen logischen Vorteil bietet

2. 20% korrektes Money Management

3. 70% Trading-Psychologie (Ihr Trading-Gehirn)

Eine interessante Nebenbemerkung: Die Amygdala reagiert sehr sensitiv auf negative Angstausdrücke anderer um uns herum. Daher ist es mir heute ein Rätsel, warum bei großen Finanzinstituten wir Trader gemeinsam auf einem großen Trading-Parkett sitzen. Dieses Umfeld befeuert Marktpaniken eher, da sich die Emotion Angst unter uns Händlern ansteckend ausbreitet. Wäre es nicht sinnvoller, wenn wir in Ruhe für uns alleine sitzend und mit antrainierter Achtsamkeit besonnen und klar auf etwaige Entwicklungen und Krisen im Markt reagieren könnten?

In der Psychologie sind Angststörungen die mitunter am besten zu behandelnden Beeinträchtigungen. Der erste Schritt ist die Aufklärung über das, was im Körper chemisch passiert und die Erklärung des Angstkreislaufes. Im zweiten Schritt folgt das sog. Habituieren der Angst. Das bedeutet, wir gewöhnen uns an die Angst, indem wir uns dieser bewusst aussetzen.

Bezogen auf das Trading stammen viele unserer Ängste von einem echten Missverständnis, wie Geld tatsächlich im Trading verdient wird und einer noch nicht angeeigneten Akzeptanz über die Zufälligkeit des Marktes. 

Abhilfe können wir in zwei Schritten erfahren.

Schritt 1: Lernen und verstehen, was im Markt unsere Angst auslöst.

Schritt 2: Bewusst in die Angstsituation gehen und achtsam handeln (in unserem Training die aktiven Lernschritte).

Trades zu nehmen, die verlieren, verhindert nicht, dass wir langfristig Geld verdienen.

Trades zu verpassen, die gewinnen, verhindert nicht, dass wir langfristig Geld verdienen.

Geld im Forex Trading verdienen wir dadurch, dass unsere summierten Gewinner größer sind, als unsere summierten Verlierer. Zudem müssen unsere durchschnittlichen Gewinner größer sein, als unsere durchschnittlichen Verlierer. Unsere Annahme ist, dass jeder Trade eine mathematische Wahrscheinlichkeit von 50% hat, entweder ein Gewinner oder ein Verlierer zu werden. Nach unserem Einstieg kommt es auf den danach folgenden Orderflow an, ob eine Position gewinnt oder verliert. In Wahrheit kann aber niemand diesen zukünftigen Orderflow vorhersehen.

Nehmen wir nun an, es gäbe 2.000 valide Trade-Signale innerhalb eines Handelsmonats in unseren 28 Währungspaaren (gebildet aus den 8 Majors) verteilt über alle drei Handelssessions London, New York und Asien. 1.800 Trades verpassen wir, weil sie außerhalb unserer festgelegten Handelszeit passieren. Von den 200 Trades die wir in dem Monat nehmen, sind 100 Trades Verlierer mit jeweils € 100 Verlust pro Trade (Gesamtverlust € 10.000). Die 100 Gewinner-Trades machen aber € 200 Profit pro Trade (Gesamtgewinn € 20.000). Gesamtgewinn minus Gesamtverlust macht somit einen positiven Ertrag von € 10.000 Gewinn.

Im obigen Beispiel haben wir 1.800 Trades verpasst und dennoch einen Profit erwirtschaftet.
Trades zu verpassen, verhindert nicht, dass wir langfristig Geld verdienen.

Im obigen Beispiel haben wir ebenfalls 100 Trades verloren und dennoch einen Profit erwirtschaftet. Trades zu nehmen, die verlieren, verhindert nicht, dass wir langfristig Geld verdienen.

Das einzige, was neben einer korrekten Ausbildung im Trading zählt, ist im Anschluss Ihren Trading-Prozess tagein, tagaus perfekt und gleichbleibend umzusetzen. 

Solange Ihre Methode einen logischen Vorteil bietet, werden Sie langfristig Geld mit Ihrem Trading verdienen (bei korrektem Money Management und Chance-Risiko-Verhältnis).

Simplizität führt zu Replizierbarkeit.
Replizierbarkeit führt zu Konstanz.
Konstanz führt zum Trading-Erfolg.

Daher mein Zuspruch an Sie: 

„Fühlen Sie die Angst und tun Sie es dennoch!“

Ich lade Sie herzlich ein zu meinen Vortrag am 18. November 2016 um 16 Uhr auf der World-Of-Trading Messe in Frankfurt zu kommen! Thema wird sein: „Der Heilige Gral des Tradings! Psychologische Fallstricke kennen, erfolgreiche Tradingstrategien anwenden.“

https://www.wot-messe.de/veranstaltung/der-heilige-gral-des-tradings

Quellenverzeichnis:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Wall_Street_(1987)

[2] https://www.dasgehirn.info/denken/emotion/der-schaltkreis-der-angst

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4frontaler_Cortex

[4]Phillippa Lally, Cornelia H. M. van Jaarsveld, Henry W. W. Potts, Jane Wardle : „How are habits formed: Modelling habit formation in the real world”, European Journal of Social Psychology, Vol. 40, Ausgabe 6, 10/2010, S. 998-1009

 

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